Mit Urteil vom 26. Oktober 2022 (Az. 13 K 1920/21) hat der 13. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass Nachzahlungszinsen zu erlassen sind, soweit sie auf Steuernachzahlungen entfallen, für den nach einem BMF-Schreiben zu den Auswirkungen des Corona-Virus ein Anspruch auf zinsfreie Stundung bestanden hat.
Das Finanzamt setzte
gegenüber dem Kläger, einem Sportverein, im Mai 2020 die Körperschaftsteuer für
2018 fest. Da sich aus dem Bescheid eine Nachzahlung ergab, setzte es zugleich
Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO für den Monat April 2020 fest. Der Verein
beantragte die zinsfreie Stundung aller Zahlungsansprüche aus dem
Körperschaftsteuerbescheid für 2018 und berief sich dabei auf das BMF-Schreiben
vom 19. März 2020 über „Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung der
Auswirkungen des Corona-Virus“, weil der Geschäftsbetrieb des Klägers durch die
Corona-Maßnahmen des Landes erheblich eingeschränkt sei. Dem folgte das
Finanzamt und gewährte die zinslose Stundung der offenen
Körperschaftsteuernachzahlung.
Zugleich beantragte der
Kläger den Erlass der Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Unbilligkeit. Zur
Begründung führte er aus, dass die Zinsen nicht entstanden wären, wenn das
Finanzamt den Körperschaftsteuerbescheid vor dem 1. April 2020 erlassen hätte.
Den Erlass der Zinsen lehnte das Finanzamt ab, weil der Kläger deren Entstehung
durch Beantragung höherer Körperschaftsteuervorauszahlungen habe vermeiden
können. Die Zinsen seien zudem nicht unmittelbar durch die Corona-Pandemie
verursacht worden.
Der 13. Senat des
Finanzgerichts Münster hat der hiergegen erhobenen Klage stattgegeben. Es hat
das Finanzamt verpflichtet, den beantragten Erlass der Nachzahlungszinsen zu
gewähren. Das dem Finanzamt eingeräumte Ermessen sei insoweit auf Null
reduziert.
Die Erhebung der
Nachzahlungszinsen sei im konkreten Fall sachlich unbillig, weil der Kläger
durch die verspätete Steuerfestsetzung zweifelsfrei keinen Liquiditätsvorteil
erlangt und das Finanzamt keinen Liquiditätsnachteil erlitten habe. Abstrakt
sei die im Mai 2020 erfolgte Steuerfestsetzung zwar geeignet, den
Liquiditätsvorteil auszulösen, den § 233a AO abschöpfen wolle. Da der Kläger
allerdings nach dem BMF-Schreiben vom 19. März 2020 unstreitig einen Anspruch
auf zinsfreie Stundung der Körperschaftsteuernachzahlung habe, sei nicht
erkennbar, inwieweit er durch die verzögerte Steuerfestsetzung einen
zusätzlichen Liquiditätsvorteil erlangt haben könnte.
Der Hinweis des Finanzamts
auf die Möglichkeit einer höheren Vorauszahlung greife nicht durch. Dem Kläger
sei berechtigt, die gesetzlich gewährte Karenzzeit von 15 Monaten auszunutzen.
Im April 2020 sei zwar absehbar gewesen, dass es nicht mehr rechtzeitig zu
einer Steuerfestsetzung komme. Da die Corona-Pandemie zu diesem Zeitpunkt
allerdings bereits ausgebrochen war, erscheine es widersprüchlich, die offenen
Steuernachforderungen zinsfrei zu stunden und andererseits vom Kläger eine
Vermeidung von Zinsen durch höhere Vorauszahlungen zu verlangen.
Der Senat hat die Revision
wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Diese ist beim Bundesfinanzhof
unter dem Aktenzeichen XI R 28/22 anhängig.
PM FG Münster vom 15.12.2022