Eine Einlage in die Kapitalrücklage mit anschließender Tilgung von Verbindlichkeiten gegenüber einer Alleingesellschafterin anstelle eines Forderungsverzichts durch die Alleingesellschafterin kann einen Gestaltungsmissbrauch darstellen
Der 7. Senat des FG Düsseldorf hatte über die Frage eines steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs zu entscheiden.
Klägerin des Verfahrens
war eine Kapitalgesellschaft, die Verbindlichkeiten gegenüber ihrer
Muttergesellschaft hatte (teils aus Darlehen, teils aus einem Verrechnungskonto
aus einem konzerninternen Intercompany Accounting System). Im Jahr 2011
leistete die Muttergesellschaft über das konzerninterne Intercompany
Accounting System eine Einlage in die Kapitalrücklage der Klägerin. Taggleich
wurden die Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber der Muttergesellschaft in
Höhe der Einzahlung in die Kapitalrücklage ausgebucht.
Das beklagte Finanzamt
vertrat die Ansicht, dass die getätigten Buchungen wirtschaftlich wie ein
Forderungsverzicht anzusehen seien. Es liege eine Umgehung in Form eines
steuerlichen Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 Abs. 2 AO vor. Das Finanzamt
behandelte daher die getätigte Einlage - abzüglich eines Teils der Forderung,
den das Finanzamt als werthaltig ansah - als Ertrag.
Die Klägerin trug
dagegen u.a. vor, dass die Ersetzung von Fremdkapital durch Eigenkapital durch
die Finanzierungsfreiheit des Gesellschafters gedeckt sei. Dabei sei nicht entscheidend, dass aufgrund der
konzerninternen Buchungen keine tatsächlichen Zahlungsflüsse stattgefunden
hätten.
Der 7. Senat sah
dagegen in seinem Urteil vom 22.12.2021 aufgrund der besonderen Umstände des
Falls die Voraussetzungen eines Missbrauchs von rechtlichen
Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO als erfüllt an. Die angemessene
Gestaltung für das laut der Klägerin angestrebte Ziel einer Befreiung von
ihrer Überschuldung wäre ein Forderungsverzicht gewesen. Denn gegenüber fremden
Gläubigern hätten nur unwesentliche Verbindlichkeiten bestanden. Die
lediglich buchhalterisch vollzogene Einlage und anschließende Tilgung der
Verbindlichkeiten habe lediglich der Vermeidung der steuerlichen Folgen eines
Verzichts auf die unstreitig im Wesentlichen nicht werthaltigen Forderungen
gedient. Außersteuerliche Gründe für die Gestaltung seien nicht erkennbar.
Insbesondere sei das Ziel einer Verbesserung des Bilanzbildes der Klägerin
nicht überzeugend, da die Klägerin im Jahr 2010 letztmalig aktiv am
Wirtschaftsleben teilgenommen habe und sich seitdem in Abwicklung befinde.
Die Entscheidung ist
nicht rechtskräftig. Die vom Gericht zugelassene Revision ist beim BFH unter
dem Az. I R 11/22 anhängig.
Die Entscheidung im
Volltext: 7
K 101/18 K,G,F
PM FG Düsseldorf v. 12.04.2022