Das Finanzamt darf auf ein Konto, soweit dort Beträge der Corona-Soforthilfe eingegangen sind, nicht im Wege der Pfändung zugreifen. Dies haben zwei Senate des Finanzgerichts Münster in insgesamt drei Verfahren des vorläufigen Rechts-schutzes entschieden.
Im Verfahren des 1. Senats des Finanzgerichts Münster (Beschluss vom 13. Mai 2020, Az. 1 V 1286/20 AO) erhielt der Antragsteller für seinen Reparaturservicebetrieb vom Land Nordrhein-Westfalen mit Bescheid vom 27. März 2020 eine Corona-Soforthilfe i.H.v. 9.000 € bewilligt, die auf sein Girokonto überwiesen wurde. Da dieses Konto mit einer im November 2019 vom Finanzamt ausgebrachten Pfändungs- und Einziehungsverfügung wegen Umsatzsteuerschulden aus den Jahren 2017 bis 2019 belastet war, verweigerte die Bank die Auszahlung der Corona-Soforthilfe. Der Antragsteller begehrte deshalb im Rahmen einer einstweiligen Anordnung die einstweilige Einstellung der Pfändung des Girokontos.
Der Senat hat das Finanzamt verpflichtet, die Kontenpfändung bis zum 27. Juni 2020, also für drei Monate ab Bewilligung, einstweilen einzustellen und die Pfändungs- und Einziehungsverfügung aufzuheben. Für den gerichtlichen Antrag bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Corona-Soforthilfe nicht von den zivilrechtlichen Pfändungsschutzregelungen erfasst werde. Die Vollstreckung und die Aufrechterhaltung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung führten ferner zu einem unangemessenen Nachteil für den Antragsteller. Durch eine Pfändung des Girokonto-Guthabens, das durch den Billigkeitszuschuss in Form der Corona-Soforthilfe erhöht worden sei, werde die Zweckbindung dieses Billigkeitszuschus-ses beeinträchtigt. Die Corona-Soforthilfe erfolge ausschließlich zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Sie diene nicht der Befriedigung von Gläubigeransprüchen, die vor dem 1. M ärz 2020 entstanden seien und somit nicht dem Zweck, die vor diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche des Finanzamts zu befriedigen.
Der 11. Senat des Finanzgerichts Münster hat den betroffenen Antragstellern mit zwei Beschlüssen vom 29. Mai 2020 (Az. 11 V 1496/20 AO) und vom 8. Juni 2020 (Az. 11 V 1541/20 AO) mit entsprechenden Erwägungen ebenfalls einstweiligen Vollstreckungsschutz gewährt. Allerdings hat er – anders als der 1. Senat – die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen nicht aufgehoben, sondern lediglich eine Freigabe des Betrages von 9.000 € für den Zeitraum von drei Monaten ab Bewilligung angeordnet, um einen Rangverlust des Finanzamts zu verhindern. Ferner hat der 11. Senat in beiden Verfahren die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Kein Aktienerwerb bei einer Überführung vom Betriebs- in das Privatvermögen
Die Überführung von vor 2009 erworbenen Aktien vom Betriebs- in das Privatvermögen steht einem Erwerb nicht gleich, so dass eine spätere Veräußerung nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt. Dies hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster mit Gerichtsbescheid vom 26. März 2020 (Az. 8 K 1192/18 F) entschieden.
Die Klägerin, eine zunächst gewerblich geprägte GmbH & Co. KG, erwarb im Jahr 2007 ein Aktienpaket. Im Jahr 2011 endete die gewerbliche Prägung und die Klägerin erklärte die Betriebsaufgabe, was – auch im Hinblick auf das Aktienpaket – zur Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven führte. Im Jahr 2014 veräußerte sie das Aktienpaket. Das Finanzamt behandelte den hieraus resultierenden Gewinn als Einkünfte aus Kapitalvermögen, da es die Entnahme einem Erwerb gleichstellte. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, dass sie die Aktien vor Inkrafttreten der Regelungen zur Abgeltungsteuer zum Veranlagungsjahr 2009 er-worben habe und ein Veräußerungsgewinn deshalb gemäß der gesetzlichen Übergangsregelung nicht steuerbar sei.
Der 8. Senat des Finanzgerichts Münster hat der Klage stattgegeben. Zwar seien Gewinne aus der Veräußerung von Aktien nach der seit dem Jahr 2009 geltenden Abgeltungsteuer unabhängig von der Dauer der Behaltensfrist steuerpflichtig. Dies gelte nach der Übergangsregelung aber nur für solche Aktien, die nach 2008 er-worben wurden. Unter einem Erwerb im Sinne dieser Vorschrift seien nur Vorgänge zu erfassen, die mit einem Rechtsträgerwechsel – jedenfalls im Hinblick auf das wirtschaftliche Eigentum – einhergingen. Die Entnahme in das Privatvermögen stehe einem Erwerb nicht gleich.
Die vom Senat zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. VIII R 12/20 anhängig.
Wegen der weiteren Einzelheiten lesen Sie bitte die Pressemitteilung Nr. 12 vom 2. Juni 2020.
Nachweis der Besteuerung ausländischen Arbeitslohns durch Arbeitgeberbescheinigung möglich
Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Gerichtsbescheid vom 17. April 2020 (Az. 1 K 1035/11 E) entschieden, dass für den Nachweis der Besteuerung von Arbeitslohn in Indien eine Arbeitgeberbescheinigung ausreichen kann. Die Vorlage eines Einkommensteuerbescheides und eines hierauf bezogenen Zahlungsnachweises sind für die Inanspruchnahme der Freistellung gemäß § 50d Abs. 8 EStG nicht in jedem Fall zwingend erforderlich.
Der Kläger war im Jahr 2008 an insgesamt 241 Tagen für seine inländische Arbeit-geberin in Indien tätig, verfügte aber weiterhin über einen Wohnsitz in Deutschland. Ein im Auftrag der Arbeitgeberin tätiger indischer Steuerberater erstellte eine Auflis-tung, aus der die Höhe der indischen Lohnsteuern hervorgeht und die auch den Namen des Klägers enthält. Ferner existieren Zahlungsbelege über die von der Ar-beitgeberin gezahlten Beträge. Eine Einkommensteuererklärung gab der Kläger in Indien nicht ab.
Das Finanzamt unterwarf den indischen Arbeitslohn des Klägers der deutschen Besteuerung. Eine Freistellung komme gemäß § 50d Abs. 8 EStG nicht in Betracht, weil die tatsächliche Steuerzahlung im Ausland nicht durch Steuerbescheid oder personenbezogene Quellensteuerbescheinigung nachgewiesen worden sei. Zur Begründung seiner nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trug der Kläger vor, dass die in Indien abgeführte Lohnsteuer abgeltende Wirkung entfalte und er keine weiteren Unterlagen vorlegen könne.
Das Gericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Der inländische Arbeitslohn des Klägers sei von der deutschen Besteuerung freizustellen und lediglich dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.
Aufgrund seines inländischen Wohnsitzes sei der Kläger im Streitjahr 2008 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen. Der in Indien erzielte Arbeitslohn sei jedoch nach den Regelungen des DBA-Indien von der deutschen Besteuerung freizustellen, weil der Kläger sich an mehr als 183 Tagen in Indien aufgehalten habe.
Dem stehe § 50d Abs. 8 EStG, wonach eine Freistellung nach einem DBA nur gewährt wird, wenn der andere Staat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat oder ein Nachweis über die Festsetzung und Entrichtung der ausländischen Steuern vorgelegt wird, nicht entgegen. Vorliegend habe der Kläger nachgewiesen, dass sein Arbeitslohn in Indien dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurde. Dies ergebe sich aus der Auflistung des indischen Steuerberaters, den hierzu vorgelegten Zahlungsbelegen und den erläuternden Bescheinigungen der Arbeitgeberin. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die abgeführte Lohnsteuer im Rahmen einer Jahresveranlagung erstattet bekommen hat. Eine solche Veranlagung sei in Indien nicht durchgeführt worden und habe auch nicht durchgeführt werden können, da der Kläger dort nicht über die erforderliche „Permanent Account Number“ verfügt habe. Selbst wenn der Kläger verpflichtet gewesen wäre, in Indien eine Steuererklärung abzugeben, ließe dies die inländische Freistellung des Arbeitslohns nicht entfallen, weil tatsächlich eine indische Besteuerung stattgefunden habe. Entscheidend sei lediglich, dass der Arbeitslohn überhaupt besteuert wurde. Ob Steuern in zutreffender Höhe gezahlt wurden, sei nicht von Bedeutung. Die Vorlage eines Jahressteuerbescheids und eines Zahlungsbelegs sei nach Sinn und Zweck der Regelung in § 50d Abs. 8 EStG nicht zwingend geboten und werde auch von der Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 3. Mai 2018, BStBl. I 2018, 643) nicht verlangt.
Das Urteil ist rechtskräftig geworden.
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Säumniszuschläge
Die Höhe der Säumniszuschläge von 1% pro Monat begegnet trotz des derzeit niedrigen Zinsniveaus keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies hat der 12. Senat in einem im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss vom 29. Mai 2020 (Az.12 V 901/20 AO) entschieden.
Das Finanzamt erließ gegenüber dem Antragsteller einen Abrechnungsbescheid, in dem Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer für den Zeitraum Oktober bis November 2018 ausgewiesen sind. Diese sind durch Aufrechnung vollständig erloschen. Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte zugleich die Aufhebung der Vollziehung. Zur Begründung führte er aus, dass die Säumniszuschläge nach der BFH-Rechtsprechung neben dem Druckcharakter auch einen Zinscharakter aufwiesen. Der Zinsanteil i.H.v. 0,5 % pro Monat sei angesichts des niedrigen Zinsniveaus in verfassungswidriger Weise zu hoch. Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ab, da Säumniszuschläge in erster Linie ein Druckmittel darstellten. Die Rechtsprechung zum hälftigen Erlass von Säumniszuschlägen bei Zahlungsunfähigkeit sei vorliegend nicht anwendbar.
Der daraufhin gestellte gerichtliche Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ist erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Senats bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids, insbesondere nicht an der Verfassungsmäßigkeit von § 240 AO, wonach Säumniszuschläge in Höhe von 1 % pro Monat der Säumnis kraft Gesetzes entstehen. Die nach der BFH-Rechtsprechung gegen die Höhe des Zinssatzes von 6 % pro Jahr (0,5 % pro Monat) bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken seien auf Säumniszuschläge nicht übertragbar. Säumniszuschläge seien weder Zinsen noch Strafen, sondern in erster Linie Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steuern. Der hierin enthaltene Zinseffekt stelle lediglich einen Nebeneffekt dar, der erst dann in den Vordergrund trete, wenn - etwa im Fall der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit - der Norm-zweck des Druckmittels nicht eingreife. Hieraus lasse sich jedoch keine Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung ableiten.
Im Verfahren des 1. Senats des Finanzgerichts Münster (Beschluss vom 13. Mai 2020, Az. 1 V 1286/20 AO) erhielt der Antragsteller für seinen Reparaturservicebetrieb vom Land Nordrhein-Westfalen mit Bescheid vom 27. März 2020 eine Corona-Soforthilfe i.H.v. 9.000 € bewilligt, die auf sein Girokonto überwiesen wurde. Da dieses Konto mit einer im November 2019 vom Finanzamt ausgebrachten Pfändungs- und Einziehungsverfügung wegen Umsatzsteuerschulden aus den Jahren 2017 bis 2019 belastet war, verweigerte die Bank die Auszahlung der Corona-Soforthilfe. Der Antragsteller begehrte deshalb im Rahmen einer einstweiligen Anordnung die einstweilige Einstellung der Pfändung des Girokontos.
Der Senat hat das Finanzamt verpflichtet, die Kontenpfändung bis zum 27. Juni 2020, also für drei Monate ab Bewilligung, einstweilen einzustellen und die Pfändungs- und Einziehungsverfügung aufzuheben. Für den gerichtlichen Antrag bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Corona-Soforthilfe nicht von den zivilrechtlichen Pfändungsschutzregelungen erfasst werde. Die Vollstreckung und die Aufrechterhaltung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung führten ferner zu einem unangemessenen Nachteil für den Antragsteller. Durch eine Pfändung des Girokonto-Guthabens, das durch den Billigkeitszuschuss in Form der Corona-Soforthilfe erhöht worden sei, werde die Zweckbindung dieses Billigkeitszuschus-ses beeinträchtigt. Die Corona-Soforthilfe erfolge ausschließlich zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Sie diene nicht der Befriedigung von Gläubigeransprüchen, die vor dem 1. M ärz 2020 entstanden seien und somit nicht dem Zweck, die vor diesem Zeitpunkt entstandenen Ansprüche des Finanzamts zu befriedigen.
Der 11. Senat des Finanzgerichts Münster hat den betroffenen Antragstellern mit zwei Beschlüssen vom 29. Mai 2020 (Az. 11 V 1496/20 AO) und vom 8. Juni 2020 (Az. 11 V 1541/20 AO) mit entsprechenden Erwägungen ebenfalls einstweiligen Vollstreckungsschutz gewährt. Allerdings hat er – anders als der 1. Senat – die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen nicht aufgehoben, sondern lediglich eine Freigabe des Betrages von 9.000 € für den Zeitraum von drei Monaten ab Bewilligung angeordnet, um einen Rangverlust des Finanzamts zu verhindern. Ferner hat der 11. Senat in beiden Verfahren die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Kein Aktienerwerb bei einer Überführung vom Betriebs- in das Privatvermögen
Die Überführung von vor 2009 erworbenen Aktien vom Betriebs- in das Privatvermögen steht einem Erwerb nicht gleich, so dass eine spätere Veräußerung nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt. Dies hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster mit Gerichtsbescheid vom 26. März 2020 (Az. 8 K 1192/18 F) entschieden.
Die Klägerin, eine zunächst gewerblich geprägte GmbH & Co. KG, erwarb im Jahr 2007 ein Aktienpaket. Im Jahr 2011 endete die gewerbliche Prägung und die Klägerin erklärte die Betriebsaufgabe, was – auch im Hinblick auf das Aktienpaket – zur Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven führte. Im Jahr 2014 veräußerte sie das Aktienpaket. Das Finanzamt behandelte den hieraus resultierenden Gewinn als Einkünfte aus Kapitalvermögen, da es die Entnahme einem Erwerb gleichstellte. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, dass sie die Aktien vor Inkrafttreten der Regelungen zur Abgeltungsteuer zum Veranlagungsjahr 2009 er-worben habe und ein Veräußerungsgewinn deshalb gemäß der gesetzlichen Übergangsregelung nicht steuerbar sei.
Der 8. Senat des Finanzgerichts Münster hat der Klage stattgegeben. Zwar seien Gewinne aus der Veräußerung von Aktien nach der seit dem Jahr 2009 geltenden Abgeltungsteuer unabhängig von der Dauer der Behaltensfrist steuerpflichtig. Dies gelte nach der Übergangsregelung aber nur für solche Aktien, die nach 2008 er-worben wurden. Unter einem Erwerb im Sinne dieser Vorschrift seien nur Vorgänge zu erfassen, die mit einem Rechtsträgerwechsel – jedenfalls im Hinblick auf das wirtschaftliche Eigentum – einhergingen. Die Entnahme in das Privatvermögen stehe einem Erwerb nicht gleich.
Die vom Senat zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. VIII R 12/20 anhängig.
Wegen der weiteren Einzelheiten lesen Sie bitte die Pressemitteilung Nr. 12 vom 2. Juni 2020.
Nachweis der Besteuerung ausländischen Arbeitslohns durch Arbeitgeberbescheinigung möglich
Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Gerichtsbescheid vom 17. April 2020 (Az. 1 K 1035/11 E) entschieden, dass für den Nachweis der Besteuerung von Arbeitslohn in Indien eine Arbeitgeberbescheinigung ausreichen kann. Die Vorlage eines Einkommensteuerbescheides und eines hierauf bezogenen Zahlungsnachweises sind für die Inanspruchnahme der Freistellung gemäß § 50d Abs. 8 EStG nicht in jedem Fall zwingend erforderlich.
Der Kläger war im Jahr 2008 an insgesamt 241 Tagen für seine inländische Arbeit-geberin in Indien tätig, verfügte aber weiterhin über einen Wohnsitz in Deutschland. Ein im Auftrag der Arbeitgeberin tätiger indischer Steuerberater erstellte eine Auflis-tung, aus der die Höhe der indischen Lohnsteuern hervorgeht und die auch den Namen des Klägers enthält. Ferner existieren Zahlungsbelege über die von der Ar-beitgeberin gezahlten Beträge. Eine Einkommensteuererklärung gab der Kläger in Indien nicht ab.
Das Finanzamt unterwarf den indischen Arbeitslohn des Klägers der deutschen Besteuerung. Eine Freistellung komme gemäß § 50d Abs. 8 EStG nicht in Betracht, weil die tatsächliche Steuerzahlung im Ausland nicht durch Steuerbescheid oder personenbezogene Quellensteuerbescheinigung nachgewiesen worden sei. Zur Begründung seiner nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trug der Kläger vor, dass die in Indien abgeführte Lohnsteuer abgeltende Wirkung entfalte und er keine weiteren Unterlagen vorlegen könne.
Das Gericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Der inländische Arbeitslohn des Klägers sei von der deutschen Besteuerung freizustellen und lediglich dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen.
Aufgrund seines inländischen Wohnsitzes sei der Kläger im Streitjahr 2008 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen. Der in Indien erzielte Arbeitslohn sei jedoch nach den Regelungen des DBA-Indien von der deutschen Besteuerung freizustellen, weil der Kläger sich an mehr als 183 Tagen in Indien aufgehalten habe.
Dem stehe § 50d Abs. 8 EStG, wonach eine Freistellung nach einem DBA nur gewährt wird, wenn der andere Staat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat oder ein Nachweis über die Festsetzung und Entrichtung der ausländischen Steuern vorgelegt wird, nicht entgegen. Vorliegend habe der Kläger nachgewiesen, dass sein Arbeitslohn in Indien dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurde. Dies ergebe sich aus der Auflistung des indischen Steuerberaters, den hierzu vorgelegten Zahlungsbelegen und den erläuternden Bescheinigungen der Arbeitgeberin. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die abgeführte Lohnsteuer im Rahmen einer Jahresveranlagung erstattet bekommen hat. Eine solche Veranlagung sei in Indien nicht durchgeführt worden und habe auch nicht durchgeführt werden können, da der Kläger dort nicht über die erforderliche „Permanent Account Number“ verfügt habe. Selbst wenn der Kläger verpflichtet gewesen wäre, in Indien eine Steuererklärung abzugeben, ließe dies die inländische Freistellung des Arbeitslohns nicht entfallen, weil tatsächlich eine indische Besteuerung stattgefunden habe. Entscheidend sei lediglich, dass der Arbeitslohn überhaupt besteuert wurde. Ob Steuern in zutreffender Höhe gezahlt wurden, sei nicht von Bedeutung. Die Vorlage eines Jahressteuerbescheids und eines Zahlungsbelegs sei nach Sinn und Zweck der Regelung in § 50d Abs. 8 EStG nicht zwingend geboten und werde auch von der Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 3. Mai 2018, BStBl. I 2018, 643) nicht verlangt.
Das Urteil ist rechtskräftig geworden.
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe der Säumniszuschläge
Die Höhe der Säumniszuschläge von 1% pro Monat begegnet trotz des derzeit niedrigen Zinsniveaus keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies hat der 12. Senat in einem im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss vom 29. Mai 2020 (Az.12 V 901/20 AO) entschieden.
Das Finanzamt erließ gegenüber dem Antragsteller einen Abrechnungsbescheid, in dem Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer für den Zeitraum Oktober bis November 2018 ausgewiesen sind. Diese sind durch Aufrechnung vollständig erloschen. Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte zugleich die Aufhebung der Vollziehung. Zur Begründung führte er aus, dass die Säumniszuschläge nach der BFH-Rechtsprechung neben dem Druckcharakter auch einen Zinscharakter aufwiesen. Der Zinsanteil i.H.v. 0,5 % pro Monat sei angesichts des niedrigen Zinsniveaus in verfassungswidriger Weise zu hoch. Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ab, da Säumniszuschläge in erster Linie ein Druckmittel darstellten. Die Rechtsprechung zum hälftigen Erlass von Säumniszuschlägen bei Zahlungsunfähigkeit sei vorliegend nicht anwendbar.
Der daraufhin gestellte gerichtliche Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ist erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Senats bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids, insbesondere nicht an der Verfassungsmäßigkeit von § 240 AO, wonach Säumniszuschläge in Höhe von 1 % pro Monat der Säumnis kraft Gesetzes entstehen. Die nach der BFH-Rechtsprechung gegen die Höhe des Zinssatzes von 6 % pro Jahr (0,5 % pro Monat) bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken seien auf Säumniszuschläge nicht übertragbar. Säumniszuschläge seien weder Zinsen noch Strafen, sondern in erster Linie Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steuern. Der hierin enthaltene Zinseffekt stelle lediglich einen Nebeneffekt dar, der erst dann in den Vordergrund trete, wenn - etwa im Fall der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit - der Norm-zweck des Druckmittels nicht eingreife. Hieraus lasse sich jedoch keine Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung ableiten.
PM FG Münster vom 15.06.2020