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DIE WIRTSCHAFT IN DER CORONA-KRISE

Hess. Finanzminister Schäfer (1966-2020)*: „EU-Kommission muss dringend nachbessern"

„Darlehen für den Mittelstand kommen in der Breite nur mit 100 % staatlicher Garantie an. Das ist aktuell nicht der Fall.“

Hessens Finanzminister hat seine Forderung erneuert, die EU-Kommission müsse „beim Beihilferecht dringend nachbessern“. Dr. Thomas Schäfer* erklärte: „Bund und Länder haben in den vergangenen Tagen alle Anstrengungen unternommen, um den von der Corona-Krise betroffenen Bürgern und Unternehmen schnell finanzielle Unterstützung zukommen lassen zu können. Jetzt muss alles dafür getan werden, dass das Geld bei den Unternehmen auch ankommt. Dabei sind auch und gerade die Banken gefragt: Sie gewähren die staatlich garantierten Kredite. Aber die aktuelle Ausgestaltung der Haftungsgarantien für die Banken hat einen Haken: Egal, ob Sie sich die Programme auf Bundes- oder auf Landesebene ansehen – keine Garantie übersteigt 90 % des Darlehens. Mindestens 10 % muss also die Bank bei einem Ausfall selbst tragen. In der Corona-Krise funktioniert dieser Ansatz nicht. Die verfügbaren Darlehen für den Mittelstand kommen in der Breite nur dann an, wenn der Staat 100 % garantiert. Deshalb muss auf europäischer Ebene jetzt schnell gehandelt werden. In diesen außergewöhnlichen Krisenzeiten braucht es für die Darlehensprogramme von Bund und Ländern eine 100%ige Haftungsgarantie des Staates. In der derzeitigen Lage halte ich diesen Schritt für unumgänglich.“

10 % als Mindestanteil der Bank beim Ausfall verlangt die EU-Kommission in ihren vor wenigen Tagen verabschiedeten Beihilferegeln. Finanzminister Dr. Schäfer: „Banken tun sich gegenwärtig jedoch schwer, Kredite – und sei es nur mit einem Ausfall von 10 % des Darlehens – zu vergeben. Jeder Kredit, bei dem ein Ausfall droht, bindet aufsichtsrechtlich massiv das Eigenkapital der Banken, das ihnen für andere Kredite dann nicht mehr zur Verfügung steht. Da in der jetzigen Situation die wirtschaftlichen Aussichten bei vielen Unternehmen große Sorgen bereiten, überlegt sich ein Banker, aus seiner Perspektive verständlicherweise sehr genau, ob er einem Unternehmer einen Kredit gewährt. Ihm wurden durch regulatorische Vorgaben enge Daumenschrauben angelegt. Aber gerade jetzt ist es für Teile der Wirtschaft überlebenswichtig, dass die Kredite an die vielen kleinen Unternehmen, Mittelständler und Spezialunternehmen in unserem Land ausgegeben werden. Nur so können wir während und auch nach der Corona-Krise für das Funktionieren der Wirtschaft in unserem Land sorgen. Erst wenn der Staat vollständig für diese Krisenkredite bürgen darf, sind die Banken aus dem Obligo.“

PM hess. Finanzministerium v. 28.03.2020



Anmerkung * zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Pressemitteilung lebte Finanzminister Schäfer nicht mehr. Er starb in den Morgenstunden des 28.03.2020 durch Selbsttötung.


Die Hessisch Niedersächsische Allgemeine meldet am 29.03.2020, 12.57 Uhr hierzu : Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) hat sich nach den Worten von Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) große Sorgen um die Bewältigung der Coronakrise gemacht. „Große Sorgen vor allen Dingen darum, ob es gelingen könne, die riesigen Erwartungen in der Bevölkerung, insbesondere der finanziellen Hilfen, zu erfüllen“, sagte Hessens sichtlich erschütterter Regierungschef am Sonntag.

„Ich muss davon ausgehen, dass ihn diese Sorgen erdrückt haben. Er fand offensichtlich keinen Ausweg mehr. Er war verzweifelt und ging von uns. Das erschüttert uns, das erschüttert mich.“