Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs frohe Weihnachten.
Ihr Hans Jürgen Groß
Ihr Hans Jürgen Groß
Clowesabend
– oder: die
kleine Taschenlampe
Und
plötzlich ist Advent. Wieder
einmal sind
wir in
dem Jahreskreis an dem Punkt angelangt, an
dem
die Dunkelheit die Helle des
Tages
immer
weiter vertreibt.
Eine Zeit in der sich unsere Sicht nach innen kehrt. Einer
Zeit in
der oft eine
Besinnung auf die Dinge die einmal waren geschieht.
Die Geister der Vergangenheit umgeben uns, tragen uns längst
vergessene Ereignisse zu.
In
meiner Innenschau tauchen Erinnerungen
auf, als die Finsternis des Tages mit Angst und Unsicherheit der
kindlichen Vorstellung erfüllt war. Dämonen die sich in den Ecken
der
Zimmer versteckten. Teufel die im dunklen
Keller
des elterlichen Hauses auf
mich lauerten.
Jedoch auch Erinnerungen an die Weihnachtszeit vergangener Tage.
„Ich
bin
der
kleine Dicke, ich wünsche
euch
viel Glügge,
ich wünsche
euch
'n langes Lewen,
müsst
mir
auch
was Schönes
gewen.“
Jedes
Jahr zu Nikolaus, am 06. Dezember, zogen wir Kinder in der frühen
Dunkelheit durch den Ort, klingelten an Haustüren und besuchten die
Geschäfte um so einen Vorrat an Plätzchen und Süßigkeiten zu
sammeln. Ausgestattet
mit einem Sack oder Beutel für das Sammelgut, und einer
Nikolausmaske ging es durch den Ort. Die
Maske
war aus Pappe gefertigt, wies
einen langen Wattebart auf und wurde mit einem Gummiband am Kopf
befestigt. Der eindeutige Geruch dieser Maske steigt mir in der
Erinnerung noch immer in die Nase, verbunden mit dem Geschmack der
Watte, die
beim sprechen in den Mund hinein reichte. Diese
alte Tradition die in meiner
nordhessischen Heimat
gelebt wurde, und
zum Teil noch wird,
trug den Namen Clowesabend.
Weihnachtsmärkte, so wie wir sie heute kennen, waren damals eher
eine Seltenheit. Der Clowesabend
am 06. Dezember war der Einstieg in die Weihnachtszeit und wurde von
uns Kindern lange herbei gesehnt.
Am
Vorabend des 06. Dezembers wurden Schuhe und Stiefel vor die Tür
gestellt, in der sich dann am kommenden Morgen kleine
Aufmerksamkeiten befanden. Etwas Obst,
selbst gebackene Plätzchen, etwas Schokolade, oder auch ein kleiner
Gegenstand. Wenn ich von meinem jetzigen Stand im Leben auf diese
frühen Jahre zurück schaue, dann ist mir jedoch kein anderes
Nikolausgeschenk
in Erinnerung geblieben, wie die kleine Taschenlampe welche ich in
der Vorschulzeit in meinem Stiefel vorfand. Diese kleine
Stabtaschenlampe,
aus chromefarbenen
Blech
gefertigt, mit einem mintfarbenen
Verschluss und einem in der gleichen Farbe gehaltenen Reflektor.
Dieser war an der Seite eingeschnitten, sodass
er
sich etwas nach oben drehen lies
um den Radius des Lichtkegels zu verändern. Die Lampe fühlte sich
in der Hand kühl an, die regelmäßigen Rillen in dem Blechkörper
luden dazu ein mit den Fingern ihre Form nachzuspüren. Schob man den
kleinen Schalter mit
dem Daumen nach
oben, so trug
die kleine elektrische Flamme der Lampe das Licht in die Dunkelheit
jener Dezemberabende.
Ich
stand auf dem Fußbänkchen am Fenster und leuchtete mit meiner Lampe
in die Finsternis. Betätigte
ich
den Schalter schnell nach oben und unten, so schickte die Lampe meine
Signale in die Nacht.
In
meinem
Bett baute ich mir mit der Bettdecke eine Höhle, indem ich diese
über meinen Kopf legte und erleuchtete mit der kleinen Lampe den
dunklen
Raum. Hielt
man die Lampe mit dem Reflektor in die Handinnenfläche, so leuchte
die Handoberfläche rot. In
der Nacht lag die Lampe in meinem Bett neben meinem Kissen. Ihr
Schein erleuchtete den Raum und vertrieb so die Dämonen, die mich
schrecken wollten.
Kaum
ein anderes weihnachtliches Geschenk meiner Kindheit ist mir
so
in Erinnerung geblieben wie diese „kleine Lampe“. Und
kein anderes Geschenk, so erkenne ich heute, symbolisiert so den Sinn
der Weihnacht, wie dieser Lichtgeber. Mit
ihrer kleinen Flamme brachte sie das Licht zu mir, mit welchem
symbolisch
die Liebe und die Hoffnung in die finsteren
Zeiten des Lebens hinein
getragen wird.
©
2019
Hans Jürgen Groß – www.lebensschätze.de