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Anwendung des Erbschaftssteuergesetzes 2009 auf Erbfälle vor Ablauf der Fortgeltungsanordnung (30. Juni 2016) bei Erlass des Erbschaftsteuerbescheides nach Frist- ablauf

In seinem Urteil vom 28. April 2017 bestätigt der 3. Senat die bisherige Rechtsprechung, wo-
nach ein Gesetz, das das Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG

erklärt hat, für das aber eine Frist für die Fortgeltung und Neuregelung angeordnet wurde, auf
„Altfälle“ weiterhin anzuwenden ist. Im Falle des Erbschaftsteuerrechts ist dabei zeitlich der
Eintritt des Erbfalls maßgeblich und nicht die Festsetzung der Erbschaftsteuer.

Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin von der 2013 verstorbenen Erblasserin ein Miet-
grundstück und ein Einfamilienhaus geerbt. Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer ur-
sprünglich mit Bescheid vom 28. Juli 2015 fest, und zwar vorläufig mit Blick auf das Urteil des

Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 zur Erbschaftsteuer und der angeordne-
ten Neuregelung (1 BvL 21/12). Wegen einer Reduzierung der Grundbesitzwerte der Immobi-

lien ergingen Änderungsbescheide zur Erbschaftsteuer, zuletzt am 19. Juli 2016, d.h. nach
Ablauf der Fortgeltungsfrist. Die Klägerin war der Ansicht, dass über den 30. Juni 2016 hinaus
das ErbStG 2009 nicht mehr angewandt werden dürfe, die Fortgeltungsanordnung sei zudem
ebenso verfassungswidrig wie die in § 31 BVerfGG ausgesprochene Bindungswirkung der

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Für die Be-
urteilung sei bei Steuern in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung und der Auffassung im

Schrifttum allein auf den Veranlagungszeitraum abzustellen, in dem sich der zu besteuernde
Sachverhalt verwirklicht habe. Dies war im Streitfall der Eintritt des Erbfalls 2013. Aufgrund
der Fortgeltungsanordnung sei das ErbStG 2009 daher unzweifelhaft anwendbar. Auch die
weiteren verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Fortgeltungsanordnung und der
Bindungswirkung der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen hat der Senat ebenfalls nicht

geteilt. Auch eine erneute Vorlage des ErbStG an das Bundesverfassungsgericht ist abge-
lehnt worden.

Gegen das Urteil vom 28. April 2017 (3 K 293/16) ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
worden (II B 108/17).


PM FG Hamburg v. 29.12.2017