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Vereinbarung von Schadensersatz für Schließung eines Bahnübergangs unterliegt der Umsatzsteuer

Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 28. September 2017 (Az. 5 K 1117/16 U) entschieden, dass ein Landwirt, der auf die Nutzung eines Bahnübergangs verzichtet, die hierfür erhaltene Schadensersatzzahlung im Jahr der Vereinbarung der Umsatzsteuer unterwerfen muss.

Der Kläger unterhielt einen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung (§ 24 UStG) unterlagen. Durch seine betrieblich genutzten Flächen verlief eine Eisenbahnlinie, die der Kläger durch einen eigens hierfür geschaffenen Bahnübergang überqueren konnte. Auf Betreiben der DB Netz AG erging ein Planfeststellungsbeschluss, der die Schließung des Bahnübergangs gegen Zahlung einer Entschädigung feststellte. Im Rahmen eines hiergegen vom Kläger angestrengten verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens kam es im Jahr 2005 zu einer Einigung, wonach sich die DB Netz AG zum Bau eines Ersatzwegs und zur Zahlung eines Entschädigungsbetrags verpflichtete.

Das Finanzamt behandelte die im Streitjahr 2006 auf den Entschädigungsbetrag vom Kläger erhaltene Teilzahlung als umsatzsteuerpflichtig. Er habe an die DB Netz AG eine Leistung erbracht, die nicht der Durchschnittssatzbesteuerung unterliege. Demgegenüber war der Kläger der Auffassung, dass die Schadensersatzleistung kein umsatzsteuerliches Entgelt darstelle und sie hilfsweise untrennbar mit landwirtschaftlichen Umsätzen i.S.v. § 24 UStG verbunden sei. Außerdem habe das Finanzamt einen falschen Leistungszeitpunkt angenommen, weil die Vereinbarung bereits 2005 abgeschlossen worden sei.

Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Der Senat ging zunächst - anders als der Kläger - davon aus, dass die Entschädigung ein umsatzsteuerliches Entgelt für eine Leistung des Klägers darstelle. Eine steuerbare Leistung könne auch in der Einwilligung eines Eingriffs in den Rechtskreis des Betroffenen liegen, der ohne diese Einwilligung einen Schadensersatzanspruch ausgelöst hätte. Das Querungsrecht des Klägers sei zwar nicht vertraglich oder dinglich geregelt gewesen. Aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses habe die DB Netz AG ihm dieses Recht nicht entschädigungslos entziehen können.

Der Kläger habe seine Leistung aber bereits 2005, nicht erst im Streitjahr 2006 erbracht. Die Leistung habe in der schriftlichen Einwilligung zur Schließung des Bahnübergangs und der gleichzeitigen Rücknahme der verwaltungsgerichtlichen Klage bestanden. Für die DB Netz AG habe der Vorteil darin gelegen, ein zeitaufwändiges Enteignungsverfahren zu vermeiden. Die Leistung des Klägers könne nicht darin gesehen werden, dass er die Beendigung einer Duldungsleistung der DB Netz AG akzeptiert habe, da eine solche Duldungsleistung nicht bestanden habe. Der Kläger habe auch keine substanzüberlassende sonstige Leistung an die DB Netz AG erbracht, weil nicht ersichtlich sei, welches Recht er übertragen haben könne.

Die vom Senat zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen V R 47/17 anhängig.

PM FG Münster v. 15.11.2017