Elektronische Registrierkassen sollen betrugssicher werden – wie Unternehmer im Anforderungsmarathon Schritt halten
In der Vergangenheit ließen sich durch manipulierte Registrierkassen Steuern hinterziehen – etwa indem mithilfe von Software nachträglich Umsätze gekürzt wurden. Um diesen Steuerbetrug wirksamer zu bekämpfen, verschärft die Bundesregierung mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen, dem sogenannten Kassengesetz, in den nächsten Jahren stufenweise die Anforderungen an Kassensysteme. „Die zahlreichen erhöhten Auflagen betreffen jeden Unternehmer, der mithilfe einer elektronischen Kasse abrechnet. Damit alle Betroffenen im Anforderungsdschungel den Überblick behalten und künftig eine sachlich sowie formell korrekte Kassenführung nachweisen können, sollten sie einige Neuerungen beachten“, so Lothar Herrmann, Präsident der Steuerberaterkammer Hessen.
Was verändert sich durch das Kassengesetz?
Ab Januar 2018 kann das Finanzamt eine sogenannte Kassennachschau
während den üblichen Geschäftszeiten ohne vorherige Ankündigung im Betrieb
durchführen. Während einer solchen Nachschau sind die Unternehmer
verpflichtet, dem Kassenprüfer die Aufzeichnungen, Bücher und die für die
Kassenführung relevanten sonstigen Organisationsunterlagen vorzulegen
sowie Auskünfte zu erteilen. Auch elektronische Daten sind dem Prüfer hierbei
zur Verfügung zu stellen.
Außerdem sollten Unternehmer folgende Maßnahmen beachten: Ab dem Jahr
2020 muss eine verwendete Registrierkasse ein zertifiziertes Sicherheitssystem
enthalten. Dazu sind die Unternehmer verpflichtet, neue Kassen anzuschaffen
oder ihre aufrüstbaren Kassen mit dem neuen System auszustatten. Für alle
Geschäfte, die mit Hilfe eines Kassensystems erfasst werden, gilt ab dem 1. Januar 2020 eine Belegausgabepflicht. Danach muss der Unternehmer die
Belege über das Geschäft dem Kunden unmittelbar elektronisch oder in Papierform
zur Verfügung stellen. Um den wachsenden Bürokratieaufwand zu
vermeiden, besteht für Unternehmer jedoch die Möglichkeit, eine Befreiung von
der Belegausgabepflicht beim Finanzamt zu beantragen
Sind Unternehmer zur Nutzung eines Kassensystems verpflichtet?
Es besteht keine gesetzliche Vorgabe, wie Kassenaufzeichnungen zu führen
sind. Insbesondere ist keine Registrierkassenpflicht vorgesehen. Der Steuerpflichtige
hat die Wahl, ob er seine Warenverkäufe manuell mittels einer
„offenen Ladenkasse“ oder unter Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel, wie z. B.
einer elektronischen Registrier- oder PC-Kasse erfasst. Von einer „offenen
Ladenkasse“ spricht man, wenn das von den Kunden eingenommene Bargeld
in die Kasse eingelegt, das Wechselgeld aus der Kasse herausgegeben und
nach Geschäftsschluss der Kasseninhalt gezählt sowie unter Abzug des
Anfangsbestands in einem (Tages-)Kassenbericht festgehalten wird. Der
Unternehmer zeichnet hierbei die Kasseneinnahmen und -ausgaben nicht
durch eine Registrierkasse auf.
Die bei „offenen Ladenkassen“ gefertigten, lückenlosen Tageskassenberichte
pro Verkaufstag bilden aneinandergereiht das Kassenbuch und sind Grundlage
der Gewinnermittlung. Eventuelle Entnahmen, Einlagen (einschl. Herkunftsnachweis)
und Ausgaben sind durch Belege nachzuweisen. Besteht
Einzelaufzeichnungspflicht, müssen auch bei einer „offenen Ladenkasse“
Informationen über den einzelnen Umsatz vorliegen.
Was bedeutet Einzelaufzeichnungspflicht?
Die Einzelaufzeichnungspflicht bei Bareinnahmen ist mit dem Kassengesetz
erstmals gesetzlich geregelt. Aber auch für Zeiträume vor der Gesetzes-
änderung galt die Einzelaufzeichnungspflicht sowohl für bilanzierende
Steuerpflichtige als auch für Einnahmenüberschussrechner.
Nach dem Umsatzsteuergesetz müssen die Aufzeichnungen so beschaffen
sein, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb kürzester Zeit möglich
ist, einen Überblick über die Umsätze des Unternehmers und die abziehbaren
Vorsteuern zu erhalten sowie die Grundlagen für die Steuerberechnung
festzustellen. Die Finanzverwaltung fordert in der Regel die Aufzeichnung jedes Geschäfts – also auch jeder Betriebseinnahme und -ausgabe, jeder Einlage
und Entnahme – in einem Umfang, der eine Überprüfung der Geschäftsgrundlagen,
des Inhalts und der Bedeutung für den Betrieb ermöglicht. Das
bedeutet, dass neben dem Preis der Ware oder Dienstleistung auch der Inhalt
des Geschäfts und der Name des Kunden aufzuzeichnen sind.
Allerdings ist auch der Aspekt der Zumutbarkeit zu beachten. Im Kassengesetz
hat der Gesetzgeber geregelt, dass Unternehmer, die im Allgemeinen Waren
an ihnen nicht bekannte Kunden gegen Barzahlung verkaufen, in der Regel
nicht verpflichtet sind, die baren Betriebseinnahmen einzeln aufzuzeichnen.
Nach einem aktuellen Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 12. Juli 2017 kann
diese Ausnahme auch auf Klein-Dienstleister, wie Friseure oder Kosmetiker
anwendbar sein
Fazit
Hat die Kassenführung in bargeldintensiven Betrieben, wie Metzger- oder
Bäckereien, formelle Mängel, wird schnell die gesamte Buchführung als nicht
ordnungsgemäß angesehen. Strafen und Steuernachzahlung schließen sich
an. Um eine sachlich und formell korrekte Kassenführung nachzuweisen,
müssen Unternehmer zum Teil komplexe Auflagen erfüllen. Da kann es sinnvoll
sein, einen Steuerberater als kompetenten Ansprechpartner hinzuzuziehen.
PM Steuerberaterkammer Hessen vom 26.09.2017