Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 27 Oktober 2015 (Az. X R 44/13) die Ansicht des 7. Senat des Finanzgerichts Münster im Urteil vom 24. April 2013 (Az 7 K 2342/11 E) im Ergebnis weitgehend bestätigt. Danach kann der Antrag auf Gewährung des Freibetrags für einen Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 4 EStG auch nach Bestandskraft der Veranlagung gestellt werden, wenn in einem steuererhöhenden Änderungsbescheid erstmals ein Sachverhalt erfasst wird, der die Ausübung des Wahlrechts erforderlich macht.
Die Klägerin erzielte im Jahr 2007 aus der Veräußerung ihres Einzelunternehmens einen Gewinn von rund 3.700 EUR. Hierfür gewährte ihr das Finanzamt – wie beantragt - den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG. Nach Eintritt der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids wurde der Klägerin in einem Feststellungsbescheid ein Gewinn aus der Veräußerung eines Kommanditanteils in Höhe von knapp 23.000 EUR zugerechnet, woraufhin das Finanzamt die Einkommensteuer entsprechend erhöhte. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte, ihr den Freibetrag nunmehr für den Gewinn aus der Anteilsveräußerung zu gewähren. Demgegenüber war das Finanzamt der Auffassung, dass die Klägerin ihr Wahlrecht nicht nachträglich habe ausüben dürfen.
Das Finanzgericht Münster gab der Klage statt, weil es die nachträgliche Ausübung des Wahlrechts im Rahmen einer Rechtsfehlerkompensation als zulässig erachtete.
Auch der Bundesfinanzhof erkannte den Antrag der Klägerin an. Soweit in der Rechtsprechung die nachträgliche Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts nicht für zulässig gehalten wird, gelte dies nur für Fälle, in denen die Bestandskraft allein aufgrund der Antragstellung durchbrochen werden soll. Dementsprechend stelle die Ausübung eines Wahlrechts weder eine neue Tatsache noch ein rückwirkendes Ereignis dar. Im Streitfall sei aber eine grundlegend andere Situation gegeben, weil der Einkommensteuerbescheid aufgrund eines Grundlagenbescheids ohnehin mit steuererhöhende Wirkung geändert werden musste, so dass erstmals ein Gewinn aus der Anteilsveräußerung erfasst wurde. Erst hieraus habe sich für die Klägerin überhaupt die wirtschaftliche Notwendigkeit ergeben, sich mit der geänderten Ausübung des Antragsrechts zu befassen. Daher sei es interessengerecht, ihr die Wahlmöglichkeit bis zur formellen Bestandskraft des Änderungsbescheids zuzugestehen.
Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des 7. Senats des Finanzgerichts Münster dennoch auf und entschied in der Sache dahingehend, dass der Freibetrag ausschließlich auf den Gewinn aus der Anteilsveräußerung, aber nicht mehr auf den Gewinn aus der Aufgabe des Einzelunternehmens gewährt werden könnte. Diese Konsequenz sei aus dem vorinstanzlichen Urteil nicht hinreichend deutlich hervorgegagen.
Die Klägerin erzielte im Jahr 2007 aus der Veräußerung ihres Einzelunternehmens einen Gewinn von rund 3.700 EUR. Hierfür gewährte ihr das Finanzamt – wie beantragt - den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG. Nach Eintritt der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids wurde der Klägerin in einem Feststellungsbescheid ein Gewinn aus der Veräußerung eines Kommanditanteils in Höhe von knapp 23.000 EUR zugerechnet, woraufhin das Finanzamt die Einkommensteuer entsprechend erhöhte. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte, ihr den Freibetrag nunmehr für den Gewinn aus der Anteilsveräußerung zu gewähren. Demgegenüber war das Finanzamt der Auffassung, dass die Klägerin ihr Wahlrecht nicht nachträglich habe ausüben dürfen.
Das Finanzgericht Münster gab der Klage statt, weil es die nachträgliche Ausübung des Wahlrechts im Rahmen einer Rechtsfehlerkompensation als zulässig erachtete.
Auch der Bundesfinanzhof erkannte den Antrag der Klägerin an. Soweit in der Rechtsprechung die nachträgliche Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts nicht für zulässig gehalten wird, gelte dies nur für Fälle, in denen die Bestandskraft allein aufgrund der Antragstellung durchbrochen werden soll. Dementsprechend stelle die Ausübung eines Wahlrechts weder eine neue Tatsache noch ein rückwirkendes Ereignis dar. Im Streitfall sei aber eine grundlegend andere Situation gegeben, weil der Einkommensteuerbescheid aufgrund eines Grundlagenbescheids ohnehin mit steuererhöhende Wirkung geändert werden musste, so dass erstmals ein Gewinn aus der Anteilsveräußerung erfasst wurde. Erst hieraus habe sich für die Klägerin überhaupt die wirtschaftliche Notwendigkeit ergeben, sich mit der geänderten Ausübung des Antragsrechts zu befassen. Daher sei es interessengerecht, ihr die Wahlmöglichkeit bis zur formellen Bestandskraft des Änderungsbescheids zuzugestehen.
Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des 7. Senats des Finanzgerichts Münster dennoch auf und entschied in der Sache dahingehend, dass der Freibetrag ausschließlich auf den Gewinn aus der Anteilsveräußerung, aber nicht mehr auf den Gewinn aus der Aufgabe des Einzelunternehmens gewährt werden könnte. Diese Konsequenz sei aus dem vorinstanzlichen Urteil nicht hinreichend deutlich hervorgegagen.
PM FG Münster v. 15.03.2016