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Pflegeleistungen können umsatzsteuerfrei sein

Mit Urteil vom 18. August 2015 (Az. V R 13/14) hat der Bundesfinanzhof das Urteil des 15. Senats des Finanzgerichts Münster vom 14. Januar 2014 (Az. 15 K 4674/10 U) bestätigt, wonach Pflegeleistungen auch dann umsatzsteuerfrei sind, wenn sie von einer natürlichen Person erbracht und über einen Verein abgerechnet werden.

Die Klägerin erbrachte als Pflegehelferin Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung sowie dazugehörige Bürotätigkeiten. Die Verträge mit den zu pflegenden Personen bzw. den Kostenträgern schloss ein Verein ab, deren Mitglied die Klägerin war und von dem sie ihr Entgelt bezog. Das beklagte Finanzamt behandelte die Leistungen insbesondere deshalb als umsatzsteuerpflichtig, weil die Klägerin als Subunternehmerin keine Einrichtung im Sinne von § 4 Nr. 16 UStG sei.

Der 15. Senat des Finanzgerichts Münster folgte dieser Ansicht nicht und gab der Klage statt. Dem ist der Bundesfinanzhof jetzt gefolgt. Die Klägerin könne sich unmittelbar auf eine unionsrechtliche Befreiungsvorschrift (Art. 132 Abs. 1 Buchstabe g) der Mehrwertsteuersystemrichtlinie) berufen, die der deutsche Gesetzgeber nicht hinreichend umgesetzt habe. Sie habe eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen im Sinne dieser Vorschrift erbracht. Die Bürotätigkeiten seien ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit, da es sich um unselbstständige Nebenleistungen zu den Pflegeleistungen handele und sie für die Ausübung dieser Leistungen unerlässlich seien. Für die Anerkennung der Klägerin als Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne der Befreiungsvorschrift komme es entscheidend darauf an, dass für die Klägerin die Möglichkeit bestanden habe, Leistungen nach § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XI an Pflegekassen als Träger der sozialen Sicherheit erbringen zu können.

PM FG Münster v. 15.10.2015