Eine Beschwer i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO kann auch angenommen werden, wenn eine angegriffene zu niedrige Besteuerung aufgrund der Rechtsprechung des BFH zum Bilanzzusammenhang in Zukunft zu steuerlichen Nachteilen des Steuerpflichtigen führen kann. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Eintritt der Nachteile beim selben Steuerpflichtigen aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls praktisch ausgeschlossen ist.
Mit Urteil vom 24. April 2015 (Az.: 3 K 114/11) hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts entschieden, dass eine Beschwer i.S.d. § 40 Abs. 2 FGO zwar vorliegen kann, wenn sich ein Kläger gegen einen aus seiner Sicht zu niedrigen Bilanzansatz im Streitjahr wendet, dass dies jedoch nicht gilt, wenn der mit dem im Streitjahr angegriffenen Vorteil korrelierende (spätere) Nachteil nicht (mehr) den Kläger (sondern seinen Rechtsnachfolger) treffen kann.
Die Kläger hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb und ermittelten den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG. Sie nahmen bis in die 90er Jahre auf diverse landwirtschaftliche Flächen Teilwertabschreibungen vor. Der Betrieb wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2002 auf den gemeinsamen Sohn der Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Buchwerten übertragen. Im Rahmen einer 2006 bei den Klägern durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Prüfer im Hinblick auf die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 weggefallene Möglichkeit der Beibehaltung eines niedrigeren Teilwerts bei späteren Wertsteigerungen fest, dass hinsichtlich einiger Flächen für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 eine Wertaufholung vorzunehmen sei. Nachdem sich die Kläger zunächst gegen die Aufholung wehrten, stellten sie im Einspruchsverfahren ihr Begehren um und beantragten nunmehr eine über die vom Prüfer vorgenommene Aufholung hinausgehende Wertaufholung. Der Hintergrund hierfür lag darin, dass diese (von den Klägern begehrte) weitere Wertaufholung unterdessen beim Sohn der Kläger für spätere Wirtschaftsjahre vorgenommen worden war und die Kläger ihren Sohn davon entlasten wollten. Das Gericht entschied, dass die Kläger im Streitfall nicht beschwert waren. Zwar kann ein Kläger durchaus einen höheren Bilanzansatz (und damit eine höhere Steuer) begehren; eine Beschwer liegt aber nur dann vor, wenn der Kläger aufgrund des begehren Nachteils steuerliche Vorteile in Folgejahren erwarten kann. Dies war hier wegen der Übertragung auf den Sohn nicht der Fall. Auch konnte eine Beschwer der Steuerpflichtigen nicht über den Grundsatz über die "Rechtsverletzung drittbetroffener Nichtadressaten" oder den Grundsatz der "Rechtsverletzung durch Privilegierung sonstiger Dritter" hergeleitet werden.
PM FG Kiel v. 30.06.2015