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Kein Billigkeitserlass wegen Folgen der Mindestbesteuerung nach § 10a GewStG

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig hat ent­schie­den, dass einer sog. Pro­jekt­ge­sell­schaft kein Bil­lig­keits­er­lass der Ge­wer­be­steu­er wegen des end­gül­ti­gen Weg­falls des Ver­lust­vor­trags nach § 10a GewStG zu ge­wäh­ren ist.

Die Klä­ge­rin wurde 1997 als Lea­sing-Ob­jekt­ge­sell­schaft zur Fi­nan­zie­rung eines ein-zi­gen Pro­jekts (Er­werb und Ver­mie­tung einer Müll­ver­bren­nungs­an­la­ge) ge­grün­det. Nach ab­schrei­bungs­be­ding­ten Ver­lus­ten in den An­fangs­jah­ren fiel erst im Jahr 2008, dem letz­ten Jahr ihrer Ge­schäfts­tä­tig­keit, auf­grund des plan­mä­ßi­gen Aus­schei­dens des stil­len Ge­sell­schaf­ters ein hoher Ge­winn von ca. 140 Mio. € an (sog. Exit­ge­winn). Zwar stan­den die­sem Ge­winn fest­ge­stell­te Ge­wer­be­ver­lus­te in Höhe von ca. 110 Mio. € ge­gen­über. Diese konn­ten auf­grund der so­ge­nann­ten Min­dest­be­steue­rung gemäß § 10a GewStG - einer Re­ge­lung, die erst im Jahr 2004, also wäh­rend der Lauf­zeit der o.g. Ver­trä­ge ein­ge­führt wor­den ist - aber nur teil­wei­se zur Ver­rech­nung zu­ge­las­sen wer­den. Hier­von aus­ge­hend setz­te die be­klag­te Ge­mein­de die Ge­wer­be­steu­er für 2008 auf ca. 4,7 Mio. € fest. Ohne die Min­dest­be­steue­rung hätte die Ge­wer­be­steu­er nur ca. 2,5 Mio. € be­tra­gen.

In der Folge be­an­trag­te die Klä­ge­rin bei der Be­klag­ten den Er­lass des Dif­fe­renz­be­tra­ges von ca. 2,2 Mio. € wegen des Vor­lie­gens eines Här­te­falls. Der An­trag blieb ohne Er­folg. Auf die dar­auf­hin er­ho­be­ne Klage hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Mün­chen die Be­klag­te ver­pflich­tet, den be­gehr­ten Er­lass nach § 163 Ab­ga­ben­ord­nung zu ge­wäh­ren. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, eine zum Er­lass ver­pflich­ten­de un­bil­li­ge Härte liege immer dann vor, wenn die Min­dest­be­steue­rung - wie hier - zu einer end­gül­ti­gen Be­las­tung führe (sog. De­fi­ni­tiv­ver­lust), zu der der Steu­er­pflich­ti­ge nicht durch ei­ge­nes Ver­hal­ten bei­ge­tra­gen habe.

Der da­ge­gen ge­rich­te­ten Sprung­re­vi­si­on der be­klag­ten Ge­mein­de gab das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt jetzt statt und wies die Klage ab. Die Fest­set­zung einer Steu­er ist aus sach­li­chen Grün­den nur dann un­bil­lig, wenn sie zwar dem Wort­laut des Ge­set­zes ent­spricht, aber den Wer­tun­gen des Ge­set­zes zu­wi­der­läuft. Dies ist hier nicht der Fall, denn dem Ge­setz­ge­ber war bei Ein­füh­rung der Min­dest­be­steue­rung - nicht zu­letzt auf­grund von Sach­ver­stän­di­gen­an­hö­run­gen - das Pro­blem et­wai­ger De­fi­ni­tiv­ver­lus­te durch­aus be­kannt. Er hat diese aber be­wusst in Kauf ge­nom­men und auf Aus­nah­me­re­ge­lun­gen ver­zich­tet. Die Ge­wäh­rung eines Bil­lig­keits­er­las­ses käme bei die­ser Sach­la­ge einer struk­tu­rel­len Ge­set­zes­kor­rek­tur gleich, die aber nicht Sinn einer Här­te­fall­re­ge­lung im Ein­zel­fall ist. Ob die Min­dest­be­steue­rung in ihrer ge­gen­wär­ti­gen Form ver­fas­sungs­ge­mäß ist, ließ das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt offen. Denn diese Frage ist nicht in dem vor­lie­gen­den Rechts­streit, son­dern in einem fi­nanz­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren gegen den Ge­wer­be­steu­er­mess­be­scheid zu klä­ren.

BVerwG 9 C 10.14 - Ur­teil vom 19. Fe­bru­ar 2015

Vor­in­stanz:
VG Mün­chen M 10 K 13.3380 - Ur­teil vom 30. Ja­nu­ar 2014