Die Hintergrundinformationen zum Thema Rentenversicherung – nicht nur fürs Altergeben einen Überblick über die Leistungen, die es außer der Altersrente noch in der gesetzlichen Rentenversicherung gibt. Dazu gehören die Erwerbsminderungsrente, die Hinterbliebenenrente, Rehabilitationsmaßnahmen sowie so genannte versicherungsfremde Leistungen. Die Hintergrundinformationen beleuchten den Umfang der Leistungen sowie die unterschiedlichen Finanzierungswege, und geben einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen.
Die Rentenversicherung bildet mit der Krankenversicherung, der Unfallversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Pflegeversicherung das System der Sozialversicherung in Deutschland. Wie die Krankenversicherung und die Unfallversicherung geht auch die Rentenversicherung auf die Bismarcksche Sozialgesetzgebung im deutschen Kaiserreich zurück. So wurde im Juni 1889 das Gesetz zur Invaliditäts- und Altersversicherung der Arbeiter vom Reichstag verabschiedet. Das Gesetz sollte vor allem gegen die Arbeitsinvalidität absichern. Die damalige Altersrente war eher ein Zuschuss, der nicht den Lebensunterhalt deckte und zudem erst ab dem 70. Lebensjahr gezahlt wurde.
Heute hingegen wird die Rentenversicherung vor allem mit der Rente im Alter verbunden. Tatsächlich bildet die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland die bei weitem wichtigste und umfangreichste Säule der Alterssicherung vor der betrieblichen und privaten Vorsorge. (Auf die Rente im Alter, die verschiedenen Möglichkeiten der Altersvorsorge und die Rentenreformen wird in den Hintergrundinformationen zur Rentenversicherung ausführlich eingegangen.)
Angesichts der Dominanz der Altersrente auch in der öffentlichen Diskussion wird schnell vergessen, dass die Rentenversicherung noch zahlreiche weitere Leistungen umfasst. Diese können auch von jüngeren Berufstätigen in Anspruch genommen werden können. Dazu zählen vor allem die Erwerbsminderungsrente, die Hinterbliebenenrente, Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation sowie die Anrechnung von beitragsarmen und beitragsfreien Zeiten.
Die Erwerbsminderungsrente
Die Erwerbsminderungsrente besitzt innerhalb der Rentenversicherung eine große Bedeutung. Bis vor rund 40 Jahren machte diese Rentenart sogar den größten Anteil der Rentenzahlungen aus. Die Erwerbsminderungsrente soll Einkommenseinbußen, die infolge von Krankheit und Behinderung entstehen, bis zum Eintritt in die Altersrente abmildern.
Voraussetzung für die Erwerbsminderungsrente ist in der Regel eine Wartezeit von mindestens fünf Jahren. Die Wartezeit ist diejenige Zeit, die man mindestens versichert sein muss, bevor man eine Leistung beanspruchen kann. In der Rentenversicherung ist es der Zeitraum, in dem Beiträge gezahlt wurden, inklusive möglicher Anrechnungszeiten wie Mutterschaft oder Arbeitslosigkeit. Zudem muss ein entsprechendes ärztliches Gutachten vorliegen. Darin wird von einem Amtsarzt der Grad der Erwerbsminderung festgestellt und beurteilt, inwieweit Rehabilitationsmaßnahmen die Erwerbsfähigkeit wiederherstellen oder verbessern können.
Grundsätzlich wird je nach Grad der Beeinträchtigung zwischen voller und halber Erwerbsminderung unterschieden. Eine volle Erwerbsminderungsrente wird gezahlt, wenn der Versicherte auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein wird, täglich mindestens drei Stunden zu arbeiten. Ihre Höhe bemisst sich an der Altersrente und entsprach im Jahr 2012 rund 27 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Wenn der Versicherte eine Tätigkeit von drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben kann, dann erhält er eine halbe Erwerbsminderungsrente. Diese betrug 2012 etwa 18 Prozent des letzten Bruttoeinkommens.
Mit dem neuen Rentenpaket, das am 1. Juli 2014 in Kraft getreten ist, haben sich die Berechnungsgrundlagen in der Erwerbsminderungsrente verbessert. Menschen, die jetzt eine Erwerbsminderungsrente beziehen, erhalten höhere Rentenzahlungen. Neben der reinen gesundheitlichen Bewertung werden bei der Einstufung auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt sowie die beruflichen Qualifikationen des Versicherten berücksichtigt.
Das durchschnittliche Eintrittsalter in die Erwerbsminderungsrente ist in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen und lag 2012 bei 50,4 Jahren gegenüber 53,3 Jahren in 1993. Grund ist vor allem die gesundheitsgerechte Umgestaltung der Arbeitsplätze. Hierdurch sind physische Verschleißerkrankungen stark zurückgegangen, die früher vor allem nach einem längeren Berufsleben auftraten. Der Anteil von psychischen Erkrankungen als Anerkennungsgrund für eine Erwerbsminderung ist allerdings sprunghaft auf 42,1 Prozent in 2012 angestiegen. Im Jahr 1993 lag er noch bei 15,4 Prozent.
Das Erwerbsminderungsrisiko hängt stark von Bildung und beruflicher Tätigkeit ab: Je geringer der Bildungsabschluss und je höher die körperliche Arbeitsbelastung, desto höher ist das Risiko einer Erwerbsminderung. Da sich die Höhe der Erwerbsminderungsrente aber hauptsächlich nach dem vorherigen Einkommen richtet, ist das Armutsrisiko in diesen Gruppen besonders hoch.
Die Hinterbliebenenrente
Die Hinterbliebenenrente soll einen Teil des Unterhalts ersetzen, den die Hinterbliebenen vorher vom Verstorbenen erhalten hatten. Da früher vor allem Männer für Einkommen und Unterhalt in Ehe und Familie zuständig waren, handelte es sich bei den Hinterbliebenenrenten lange Zeit vor allem um Witwenrenten und Waisenrenten. Erst seit dem Jahr 1986 sind diesbezüglich Frauen und Männer gleichgestellt, und es wird auch von Witwerrenten gesprochen. Mittlerweile erstreckt sich die Hinterbliebenenrente auch auf Partner in eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften.
Für die Hinterbliebenenrente muss der beziehungsweise die Verstorbene in der Regel fünf Jahre rentenversichert gewesen sein. Hinterbliebene unter 45 Jahren erhalten eine kleine Witwenrente oder Witwerrente, Personen über 45 Jahren eine große Witwenrente oder Witwerrente. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass jüngere Menschen besser und schneller für ihren eigenen Lebensunterhalt aufkommen können als Ältere. Die Höhe der Hinterbliebenenrente bemisst sich prozentual an der Rente des Verstorbenen: Die kleine Witwenrente oder Witwerrente beträgt 25 Prozent der Rente des Verstorbenen, die große 55 Prozent. Eine spätere, neuerliche Eheschließung mindert jedoch die Rentenansprüche der Hinterbliebenen.
Witwenrenten und Witwerrenten werden prinzipiell lebenslang gewährt. Vollwaisen und Halbwaisen erhalten Rentenzahlungen bis zum Erreichen der Volljährigkeit beziehungsweise bis zum 27. Lebensjahr, wenn Sie eine Ausbildung absolvieren. Die Vollwaisenrente beträgt 20 Prozent der Renten der beiden Verstorbenen plus Zuschlag, die Halbwaisenrente 10 Prozent der Rente des Verstorbenen plus Zuschlag.
Da immer mehr Menschen eigene Altersrenten beziehen, hat die Bedeutung der Hinterbliebenenrente abgenommen. Dennoch lag der Anteil der Hinterbliebenenrenten im Jahr 2012 noch bei fast 23 Prozent aller Rentenzahlungen.
Meistens verdienen Männer auch heute noch den Großteil des Familieneinkommens: Über 80 Prozent aller Hinterbliebenenrenten gehen an Frauen und diese Witwenrenten sind durchschnittlich höher als die eigene Altersrente der Frauen. Zwar steigen tendenziell die Frauenerwerbstätigkeit und damit auch die Ansprüche von Frauen auf eine Rente im Alter. Da Frauen aber nach wie vor weniger verdienen als Männer, hat die Hinterbliebenenrente also immer noch eine wichtige Funktion bei der Vermeidung beziehungsweise Begrenzung der Altersarmut von Frauen.
Maßnahmen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation
Die Kosten für eine gesundheitliche Rehabilitation nach einer langwierigen oder schwerwiegenden Krankheit werden von unterschiedlichen Trägern übernommen. Neben der gesetzlichen Krankenversicherung und Unfallversicherung sowie der Agentur für Arbeit und der Sozialhilfe übernimmt auch die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation. Die Rentenversicherung übernimmt die Kosten für den Erhalt, die Wiederherstellung oder die Verbesserung der Gesundheit, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten bereits gemindert oder bedroht ist. Hierbei gilt der Grundsatz Rehabilitation vor Rente.
Die Rentenversicherung bezahlt medizinische Leistungen wie Behandlungen, Therapien und Kuren. Daneben finanziert sie auch Maßnahmen, die unmittelbar der Wiedereingliederung in das Erwerbsleben dienen. Diese werden auch Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben genannt. Sie reichen von der Kostenerstattung für spezielles Büromobiliar über Umschulungen und Weiterbildungen bis hin zu finanziellen Zuschüssen an Arbeitgeber bei einer Neubeschäftigung oder Weiterbeschäftigung betroffener Arbeitnehmer. Der Versicherte kann auch direkt Zahlungen erhalten, zum Beispiel Übergangsgelder wenn die Entgeltfortzahlung der Krankenkasse ausläuft.
Für eine medizinische oder berufliche Rehabilitation muss der Versicherte mindestens 15 Jahre lang Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet haben. Die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zur medizinischen Rehabilitation betrugen 3,24 Milliarden Euro in 2012. Damit übertrafen sie bei weitem die Ausgaben zur Teilhabe am Arbeitsleben mit 0,76 Milliarden Euro im selben Jahr.
Sonstige, versicherungsfremde Leistungen
Neben der Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Hinterbliebenenrente und Rehabilitationsmaßnahmen finanziert die gesetzliche Rentenversicherung auch noch weitere Leistungen. Sie umfassen Zahlungen und Anrechnungen für Zeiten, in denen der Versicherte keine oder nur geringe Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt hat. Hierzu zählen vor allem Schwangerschaft, Mutterschaft, Kindererziehung, Ausbildung, Arbeitslosigkeit, Krieg, Wehrdienst und Vertreibung. Diese Zeiten werden für die Rente angerechnet beziehungsweise höher bewertet als die tatsächlich geleisteten Beiträge und Beitragsjahre. Zu diesen sonstigen Leistungen gehören auch Renten an Aussiedler, die nicht oder nur unzureichend in die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland eingezahlt haben.
Da diese Leistungen nicht über die Beitragszahlungen der Versicherten gedeckt sind und nicht zu den eigentlichen Aufgaben der Rentenversicherung zählen, werden sie auch als versicherungsfremde Leistungen bezeichnet. Ihre Finanzierung erfolgt über Zuschüsse, Beiträge und Erstattungen aus dem Bundeshaushalt, also aus allgemeinen Steuermitteln.
Welche Rentenzahlungen allerdings genau als versicherungsfremd bezeichnet werden sollen, ist umstritten. Einige Volkswirtschaftler plädieren dafür, sämtliche Leistungen, die nicht ausreichend über Beiträge gedeckt sind, als versicherungsfremd zu bezeichnen, zum Beispiel auch Bestandteile der Hinterbliebenenrente und der Frühverrentung. Andere argumentieren, dass die gesetzliche Rentenversicherung als Teil des Sozialsystems die Aufgabe des sozialen Ausgleichs hat. Darum müsse sie auch die nicht über Beiträge gedeckten Leistungen tragen. Die Abgrenzung der versicherungskonformen von den versicherungsfremden Leistungen ist daher auch abhängig vom sozialpolitischen Standpunkt.
Die Finanzierung der Rentenversicherung
Die Rentenversicherung wird zunächst im so genannten Umlageverfahren direkt über die Beiträge der Versicherten und ihrer Arbeitgeber finanziert. Dieses Geld wird im Folgemonat als Renten an die heutigen Ruheständler ausgezahlt. Mit ihren Beiträgen erwerben die Versicherten den Anspruch, später selbst einmal eine Rente zu beziehen. Diesem Verfahren liegt das Solidarprinzip zugrunde, es bildet die Basis für den so genannten Generationenvertrag. Weitere ausführliche Informationen zum Generationenvertrag und zum demografischen Wandel gibt es in den Hintergrundinformationen Demografischer Wandel.
Da die Beitragseinnahmen zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ausreichen, zahlt der Staat jährlich Zuschüsse aus Steuermitteln. Sie sollen die versicherungsfremden Leistungen abdecken. Im Jahr 2012 beliefen sich die allgemeinen und zusätzlichen Bundeszuschüsse auf rund 60 Milliarden Euro. Dies entsprach etwa 25 Prozent der Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Anteil ist in den letzten Jahren recht stabil geblieben. Es gibt jedoch keine exakten Berechnungen, inwieweit die Bundeszuschüsse zur Finanzierung der versicherungsfremden Leistungen ausreichen. Kritiker befürchten, dass ein Teil dieser Leistungen auch über die Beiträge der Versicherten finanziert werden. Sie plädieren daher für einen höheren Bundeszuschuss, um den Beitragssatz in der Rentenversicherung verringern zu können.
Insgesamt beliefen sich die Ausgaben der Rentenversicherung im Jahr 2012 auf 255 Milliarden Euro. Das waren fast ein Drittel aller Sozialausgaben und der größte Posten innerhalb des Sozialleistungssystems. Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung sind in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen und haben sich zwischen 1991 und 2012 fast verdoppelt: Im Jahr 1991 betrugen die Einnahmen 139 Milliarden Euro und stiegen auf 260 Milliarden Euro in 2012. Die Ausgaben lagen 1991 bei 134 Milliarden Euro, in 2012 bei 255 Milliarden Euro. Aufgrund der demografischen Entwicklung mit zunehmend mehr älteren Menschen und einer wachsenden Lebenserwartung ist damit zu rechnen, dass die Ausgaben weiter steigen werden.
Herausforderungen an die Rentenversicherung
Der demografische Wandel ist die größte Herausforderung für die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung. Schon heute hat sich die durchschnittliche Rentenbezugsdauer der Frauen von 10,6 Jahre in 1960 auf 20,8 Jahre in 2012 fast verdoppelt. Die durchschnittliche Rentenbezugsdauer der Männer hat sich im selben Zeitraum um den Faktor 1,5 auf 16,9 Jahre erhöht. Zudem werden im Jahr 2060 nur noch zwei Menschen im berufstätigen Alter einem Rentner gegenüberstehen, im Jahr 2005 waren es noch 3,2.
Um die Rentenversicherung weiterhin finanzieren zu können, könnten die Beiträge entweder erhöht oder die Leistungen reduziert werden. Beides ist jedoch weder volkswirtschaftlich sinnvoll noch sozial gewünscht und würde den Generationenvertrag gefährden.
Ziel der Bundesregierung ist es hingegen, das Renteneintrittsalter schrittweise zu erhöhen. Zugleich soll die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse stabil bleiben oder gesteigert werden. Dies kann voraussichtlich nur über die Gewinnung von ausländischen Arbeitskräften gelingen. Zugleich müssen Arbeitnehmer verstärkt selbst für das Alter vorsorgen. Der Staat fördert die private und betriebliche Altersvorsorge durch Zulagen und Steuererleichterungen, zum Beispiel im Rahmen der Riester-Rente.
Kritiker befürchten, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen werden, um die Rente zukunftssicher zu gestalten. Sie fordern eine grundlegende Reform des Rentensystems. Zu Ihren Vorschlägen gehört die Umwandlung der gesetzlichen Rentenversicherung in eine Bürgerversicherung, in die auch Beamte, Selbstständige und Unternehmer einzahlen. Einige wollen die Finanzierung der Rentenversicherung komplett vom Umlageverfahren auf ein Steuersystem umstellen. Andere fordern, die Leistungen stärker an den individuell geleisteten Beiträgen auszurichten.
Die Reformvorschläge zeigen, dass die Rentenversicherung in ihrer jetzigen Form nicht unveränderlich, sondern politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Überlegungen und Diskussionen ausgesetzt ist. Das wichtigste Ziel bleibt jedoch, die Bevölkerung gegen die Risiken des Alters zu sichern und vor Altersarmut zu bewahren.
Die Rentenversicherung bildet mit der Krankenversicherung, der Unfallversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Pflegeversicherung das System der Sozialversicherung in Deutschland. Wie die Krankenversicherung und die Unfallversicherung geht auch die Rentenversicherung auf die Bismarcksche Sozialgesetzgebung im deutschen Kaiserreich zurück. So wurde im Juni 1889 das Gesetz zur Invaliditäts- und Altersversicherung der Arbeiter vom Reichstag verabschiedet. Das Gesetz sollte vor allem gegen die Arbeitsinvalidität absichern. Die damalige Altersrente war eher ein Zuschuss, der nicht den Lebensunterhalt deckte und zudem erst ab dem 70. Lebensjahr gezahlt wurde.
Heute hingegen wird die Rentenversicherung vor allem mit der Rente im Alter verbunden. Tatsächlich bildet die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland die bei weitem wichtigste und umfangreichste Säule der Alterssicherung vor der betrieblichen und privaten Vorsorge. (Auf die Rente im Alter, die verschiedenen Möglichkeiten der Altersvorsorge und die Rentenreformen wird in den Hintergrundinformationen zur Rentenversicherung ausführlich eingegangen.)
Angesichts der Dominanz der Altersrente auch in der öffentlichen Diskussion wird schnell vergessen, dass die Rentenversicherung noch zahlreiche weitere Leistungen umfasst. Diese können auch von jüngeren Berufstätigen in Anspruch genommen werden können. Dazu zählen vor allem die Erwerbsminderungsrente, die Hinterbliebenenrente, Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation sowie die Anrechnung von beitragsarmen und beitragsfreien Zeiten.
Die Erwerbsminderungsrente
Die Erwerbsminderungsrente besitzt innerhalb der Rentenversicherung eine große Bedeutung. Bis vor rund 40 Jahren machte diese Rentenart sogar den größten Anteil der Rentenzahlungen aus. Die Erwerbsminderungsrente soll Einkommenseinbußen, die infolge von Krankheit und Behinderung entstehen, bis zum Eintritt in die Altersrente abmildern.
Voraussetzung für die Erwerbsminderungsrente ist in der Regel eine Wartezeit von mindestens fünf Jahren. Die Wartezeit ist diejenige Zeit, die man mindestens versichert sein muss, bevor man eine Leistung beanspruchen kann. In der Rentenversicherung ist es der Zeitraum, in dem Beiträge gezahlt wurden, inklusive möglicher Anrechnungszeiten wie Mutterschaft oder Arbeitslosigkeit. Zudem muss ein entsprechendes ärztliches Gutachten vorliegen. Darin wird von einem Amtsarzt der Grad der Erwerbsminderung festgestellt und beurteilt, inwieweit Rehabilitationsmaßnahmen die Erwerbsfähigkeit wiederherstellen oder verbessern können.
Grundsätzlich wird je nach Grad der Beeinträchtigung zwischen voller und halber Erwerbsminderung unterschieden. Eine volle Erwerbsminderungsrente wird gezahlt, wenn der Versicherte auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein wird, täglich mindestens drei Stunden zu arbeiten. Ihre Höhe bemisst sich an der Altersrente und entsprach im Jahr 2012 rund 27 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Wenn der Versicherte eine Tätigkeit von drei bis unter sechs Stunden täglich ausüben kann, dann erhält er eine halbe Erwerbsminderungsrente. Diese betrug 2012 etwa 18 Prozent des letzten Bruttoeinkommens.
Mit dem neuen Rentenpaket, das am 1. Juli 2014 in Kraft getreten ist, haben sich die Berechnungsgrundlagen in der Erwerbsminderungsrente verbessert. Menschen, die jetzt eine Erwerbsminderungsrente beziehen, erhalten höhere Rentenzahlungen. Neben der reinen gesundheitlichen Bewertung werden bei der Einstufung auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt sowie die beruflichen Qualifikationen des Versicherten berücksichtigt.
Das durchschnittliche Eintrittsalter in die Erwerbsminderungsrente ist in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen und lag 2012 bei 50,4 Jahren gegenüber 53,3 Jahren in 1993. Grund ist vor allem die gesundheitsgerechte Umgestaltung der Arbeitsplätze. Hierdurch sind physische Verschleißerkrankungen stark zurückgegangen, die früher vor allem nach einem längeren Berufsleben auftraten. Der Anteil von psychischen Erkrankungen als Anerkennungsgrund für eine Erwerbsminderung ist allerdings sprunghaft auf 42,1 Prozent in 2012 angestiegen. Im Jahr 1993 lag er noch bei 15,4 Prozent.
Das Erwerbsminderungsrisiko hängt stark von Bildung und beruflicher Tätigkeit ab: Je geringer der Bildungsabschluss und je höher die körperliche Arbeitsbelastung, desto höher ist das Risiko einer Erwerbsminderung. Da sich die Höhe der Erwerbsminderungsrente aber hauptsächlich nach dem vorherigen Einkommen richtet, ist das Armutsrisiko in diesen Gruppen besonders hoch.
Die Hinterbliebenenrente
Die Hinterbliebenenrente soll einen Teil des Unterhalts ersetzen, den die Hinterbliebenen vorher vom Verstorbenen erhalten hatten. Da früher vor allem Männer für Einkommen und Unterhalt in Ehe und Familie zuständig waren, handelte es sich bei den Hinterbliebenenrenten lange Zeit vor allem um Witwenrenten und Waisenrenten. Erst seit dem Jahr 1986 sind diesbezüglich Frauen und Männer gleichgestellt, und es wird auch von Witwerrenten gesprochen. Mittlerweile erstreckt sich die Hinterbliebenenrente auch auf Partner in eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften.
Für die Hinterbliebenenrente muss der beziehungsweise die Verstorbene in der Regel fünf Jahre rentenversichert gewesen sein. Hinterbliebene unter 45 Jahren erhalten eine kleine Witwenrente oder Witwerrente, Personen über 45 Jahren eine große Witwenrente oder Witwerrente. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass jüngere Menschen besser und schneller für ihren eigenen Lebensunterhalt aufkommen können als Ältere. Die Höhe der Hinterbliebenenrente bemisst sich prozentual an der Rente des Verstorbenen: Die kleine Witwenrente oder Witwerrente beträgt 25 Prozent der Rente des Verstorbenen, die große 55 Prozent. Eine spätere, neuerliche Eheschließung mindert jedoch die Rentenansprüche der Hinterbliebenen.
Witwenrenten und Witwerrenten werden prinzipiell lebenslang gewährt. Vollwaisen und Halbwaisen erhalten Rentenzahlungen bis zum Erreichen der Volljährigkeit beziehungsweise bis zum 27. Lebensjahr, wenn Sie eine Ausbildung absolvieren. Die Vollwaisenrente beträgt 20 Prozent der Renten der beiden Verstorbenen plus Zuschlag, die Halbwaisenrente 10 Prozent der Rente des Verstorbenen plus Zuschlag.
Da immer mehr Menschen eigene Altersrenten beziehen, hat die Bedeutung der Hinterbliebenenrente abgenommen. Dennoch lag der Anteil der Hinterbliebenenrenten im Jahr 2012 noch bei fast 23 Prozent aller Rentenzahlungen.
Meistens verdienen Männer auch heute noch den Großteil des Familieneinkommens: Über 80 Prozent aller Hinterbliebenenrenten gehen an Frauen und diese Witwenrenten sind durchschnittlich höher als die eigene Altersrente der Frauen. Zwar steigen tendenziell die Frauenerwerbstätigkeit und damit auch die Ansprüche von Frauen auf eine Rente im Alter. Da Frauen aber nach wie vor weniger verdienen als Männer, hat die Hinterbliebenenrente also immer noch eine wichtige Funktion bei der Vermeidung beziehungsweise Begrenzung der Altersarmut von Frauen.
Maßnahmen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation
Die Kosten für eine gesundheitliche Rehabilitation nach einer langwierigen oder schwerwiegenden Krankheit werden von unterschiedlichen Trägern übernommen. Neben der gesetzlichen Krankenversicherung und Unfallversicherung sowie der Agentur für Arbeit und der Sozialhilfe übernimmt auch die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation. Die Rentenversicherung übernimmt die Kosten für den Erhalt, die Wiederherstellung oder die Verbesserung der Gesundheit, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten bereits gemindert oder bedroht ist. Hierbei gilt der Grundsatz Rehabilitation vor Rente.
Die Rentenversicherung bezahlt medizinische Leistungen wie Behandlungen, Therapien und Kuren. Daneben finanziert sie auch Maßnahmen, die unmittelbar der Wiedereingliederung in das Erwerbsleben dienen. Diese werden auch Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben genannt. Sie reichen von der Kostenerstattung für spezielles Büromobiliar über Umschulungen und Weiterbildungen bis hin zu finanziellen Zuschüssen an Arbeitgeber bei einer Neubeschäftigung oder Weiterbeschäftigung betroffener Arbeitnehmer. Der Versicherte kann auch direkt Zahlungen erhalten, zum Beispiel Übergangsgelder wenn die Entgeltfortzahlung der Krankenkasse ausläuft.
Für eine medizinische oder berufliche Rehabilitation muss der Versicherte mindestens 15 Jahre lang Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet haben. Die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zur medizinischen Rehabilitation betrugen 3,24 Milliarden Euro in 2012. Damit übertrafen sie bei weitem die Ausgaben zur Teilhabe am Arbeitsleben mit 0,76 Milliarden Euro im selben Jahr.
Sonstige, versicherungsfremde Leistungen
Neben der Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Hinterbliebenenrente und Rehabilitationsmaßnahmen finanziert die gesetzliche Rentenversicherung auch noch weitere Leistungen. Sie umfassen Zahlungen und Anrechnungen für Zeiten, in denen der Versicherte keine oder nur geringe Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt hat. Hierzu zählen vor allem Schwangerschaft, Mutterschaft, Kindererziehung, Ausbildung, Arbeitslosigkeit, Krieg, Wehrdienst und Vertreibung. Diese Zeiten werden für die Rente angerechnet beziehungsweise höher bewertet als die tatsächlich geleisteten Beiträge und Beitragsjahre. Zu diesen sonstigen Leistungen gehören auch Renten an Aussiedler, die nicht oder nur unzureichend in die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland eingezahlt haben.
Da diese Leistungen nicht über die Beitragszahlungen der Versicherten gedeckt sind und nicht zu den eigentlichen Aufgaben der Rentenversicherung zählen, werden sie auch als versicherungsfremde Leistungen bezeichnet. Ihre Finanzierung erfolgt über Zuschüsse, Beiträge und Erstattungen aus dem Bundeshaushalt, also aus allgemeinen Steuermitteln.
Welche Rentenzahlungen allerdings genau als versicherungsfremd bezeichnet werden sollen, ist umstritten. Einige Volkswirtschaftler plädieren dafür, sämtliche Leistungen, die nicht ausreichend über Beiträge gedeckt sind, als versicherungsfremd zu bezeichnen, zum Beispiel auch Bestandteile der Hinterbliebenenrente und der Frühverrentung. Andere argumentieren, dass die gesetzliche Rentenversicherung als Teil des Sozialsystems die Aufgabe des sozialen Ausgleichs hat. Darum müsse sie auch die nicht über Beiträge gedeckten Leistungen tragen. Die Abgrenzung der versicherungskonformen von den versicherungsfremden Leistungen ist daher auch abhängig vom sozialpolitischen Standpunkt.
Die Finanzierung der Rentenversicherung
Die Rentenversicherung wird zunächst im so genannten Umlageverfahren direkt über die Beiträge der Versicherten und ihrer Arbeitgeber finanziert. Dieses Geld wird im Folgemonat als Renten an die heutigen Ruheständler ausgezahlt. Mit ihren Beiträgen erwerben die Versicherten den Anspruch, später selbst einmal eine Rente zu beziehen. Diesem Verfahren liegt das Solidarprinzip zugrunde, es bildet die Basis für den so genannten Generationenvertrag. Weitere ausführliche Informationen zum Generationenvertrag und zum demografischen Wandel gibt es in den Hintergrundinformationen Demografischer Wandel.
Da die Beitragseinnahmen zur Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ausreichen, zahlt der Staat jährlich Zuschüsse aus Steuermitteln. Sie sollen die versicherungsfremden Leistungen abdecken. Im Jahr 2012 beliefen sich die allgemeinen und zusätzlichen Bundeszuschüsse auf rund 60 Milliarden Euro. Dies entsprach etwa 25 Prozent der Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Anteil ist in den letzten Jahren recht stabil geblieben. Es gibt jedoch keine exakten Berechnungen, inwieweit die Bundeszuschüsse zur Finanzierung der versicherungsfremden Leistungen ausreichen. Kritiker befürchten, dass ein Teil dieser Leistungen auch über die Beiträge der Versicherten finanziert werden. Sie plädieren daher für einen höheren Bundeszuschuss, um den Beitragssatz in der Rentenversicherung verringern zu können.
Insgesamt beliefen sich die Ausgaben der Rentenversicherung im Jahr 2012 auf 255 Milliarden Euro. Das waren fast ein Drittel aller Sozialausgaben und der größte Posten innerhalb des Sozialleistungssystems. Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung sind in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen und haben sich zwischen 1991 und 2012 fast verdoppelt: Im Jahr 1991 betrugen die Einnahmen 139 Milliarden Euro und stiegen auf 260 Milliarden Euro in 2012. Die Ausgaben lagen 1991 bei 134 Milliarden Euro, in 2012 bei 255 Milliarden Euro. Aufgrund der demografischen Entwicklung mit zunehmend mehr älteren Menschen und einer wachsenden Lebenserwartung ist damit zu rechnen, dass die Ausgaben weiter steigen werden.
Herausforderungen an die Rentenversicherung
Der demografische Wandel ist die größte Herausforderung für die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung. Schon heute hat sich die durchschnittliche Rentenbezugsdauer der Frauen von 10,6 Jahre in 1960 auf 20,8 Jahre in 2012 fast verdoppelt. Die durchschnittliche Rentenbezugsdauer der Männer hat sich im selben Zeitraum um den Faktor 1,5 auf 16,9 Jahre erhöht. Zudem werden im Jahr 2060 nur noch zwei Menschen im berufstätigen Alter einem Rentner gegenüberstehen, im Jahr 2005 waren es noch 3,2.
Um die Rentenversicherung weiterhin finanzieren zu können, könnten die Beiträge entweder erhöht oder die Leistungen reduziert werden. Beides ist jedoch weder volkswirtschaftlich sinnvoll noch sozial gewünscht und würde den Generationenvertrag gefährden.
Ziel der Bundesregierung ist es hingegen, das Renteneintrittsalter schrittweise zu erhöhen. Zugleich soll die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse stabil bleiben oder gesteigert werden. Dies kann voraussichtlich nur über die Gewinnung von ausländischen Arbeitskräften gelingen. Zugleich müssen Arbeitnehmer verstärkt selbst für das Alter vorsorgen. Der Staat fördert die private und betriebliche Altersvorsorge durch Zulagen und Steuererleichterungen, zum Beispiel im Rahmen der Riester-Rente.
Kritiker befürchten, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen werden, um die Rente zukunftssicher zu gestalten. Sie fordern eine grundlegende Reform des Rentensystems. Zu Ihren Vorschlägen gehört die Umwandlung der gesetzlichen Rentenversicherung in eine Bürgerversicherung, in die auch Beamte, Selbstständige und Unternehmer einzahlen. Einige wollen die Finanzierung der Rentenversicherung komplett vom Umlageverfahren auf ein Steuersystem umstellen. Andere fordern, die Leistungen stärker an den individuell geleisteten Beiträgen auszurichten.
Die Reformvorschläge zeigen, dass die Rentenversicherung in ihrer jetzigen Form nicht unveränderlich, sondern politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Überlegungen und Diskussionen ausgesetzt ist. Das wichtigste Ziel bleibt jedoch, die Bevölkerung gegen die Risiken des Alters zu sichern und vor Altersarmut zu bewahren.
Pressemitteilung BMAS v. 21.08.2014