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Einkommensteuer: Versagung der Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte nach Aufhebung des Gewerbesteuermessbescheids

Zwischen den Beteiligten war streitig, ob bestandskräftige Einkommensteuerbescheide unter dem Aspekt der widerstreitenden Steuerfestsetzung geändert werden können. Der Kläger übte seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter in einer Einzelkanzlei aus. Er beschäftigte in den Streitjahren 1998 bis 2000 zwei bzw. drei Rechtsanwälte und einen Hochschulingenieurökonomen, fünf bis sieben Fachkräfte sowie einige Hilfskräfte. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der Kläger aus seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter gewerbliche Einkünfte erzielt habe. Daraufhin erließ es erstmalige Gewerbesteuermessbescheide und geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen insbesondere die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte berücksichtigt wurde.

Der Kläger wendete sich gegen die Gewerbesteuermessbescheide und obsiegte letztlich vor dem Bundesfinanzhof, der an der Rechtsprechung zur sog. Vervielfältigungstheorie nicht länger festhielt (Urteil vom 15. Dezember 2010). Daraufhin hob das Finanzamt die Gewerbesteuermessbescheide am 27. April 2011 auf. Am 10. bzw. 22. Juni 2011 erließ es geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2000, in denen die Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit behandelt wurden, die zuvor gewährte Tarifbegünstigung indes nicht mehr zum Ansatz kam. Dabei berief sich das Finanzamt auf eine Korrektur wegen widerstreitender Steuerfestsetzung.

Die Klage, mit der sich der Kläger gegen die Annahme eines "einheitlichen Lebenssachverhalts" im Sinne der betreffenden Korrekturvorschrift wendete, blieb ohne Erfolg. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass die aufgehobenen Gewerbesteuermessbescheide auf einer irrigen steuerlichen Beurteilung des für die Besteuerung maßgeblichen Lebenssachverhalts beruhten. Dies sei die Tätigkeit des Klägers als Insolvenzverwalter. Diesen Sachverhalt habe das Finanzamt zunächst irrig beurteilt, indem es davon ausgegangen sei, dass die Einkünfte gewerbliche Einkünfte darstellten und damit der Gewerbesteuer unterlägen. Diese Annahme habe sich aufgrund des Rechtsbehelfs gegen die Gewerbesteuermessbescheide als irrig erwiesen. Das beklagte Finanzamt habe durch Änderung der Einkommensteuerbescheide zu Lasten des Klägers die richtigen steuerlichen Folgerungen aus dem irrig beurteilten bestimmten Sachverhalt ziehen dürfen. Der Sachverhaltskomplex "Insolvenzverwaltertätigkeit" sei sowohl in den Gewerbesteuermessbescheiden als auch in den Einkommensteuerbescheiden steuerlich zu qualifizieren.

Eine Änderung sei weiterhin nicht deshalb ausgeschlossen, weil in der Sache über die Ermittlung des Steuertarifs gestritten worden sei. Die Korrekturvorschrift sei nicht allein im Bereich der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage anwendbar. Ebenso wenig sei von Bedeutung, dass der Gewerbesteuermessbescheid kein Grundlagenbescheid für die Ermittlung der Tarifbegrenzung sei. Schließlich sei die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen, da der Beklagte die Folgerungen aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs innerhalb eines Jahres gezogen habe.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof auch hier zugelassen.

Die Entscheidung im Volltext: 14 K 3588/11 E

Pressemitteilung FG Düsseldorf vom 06.05.2014